Hallo Ihr Lieben!

Der Newsletter 10 wird ein trauriger Newsletter. Wir haben lang hin und her und her und hin überlegt, ob wir euch darüber schreiben sollen. Wir sind der Meinung, dass der Tod zum Leben dazu gehört. Wir begegnen dem Tod regelmäßig. Da spielt es keine Rolle, ob wir 3 Jahre, 40 Jahre oder 99 Jahre alt sind. Wir sehen überfahrene Vögel, sehen Todesanzeigen in der Zeitung und manche mussten vielleicht schon erleben, dass jemand aus seiner Familie gestorben ist; zum Beispiel die (Ur-)Oma und (Ur-)Opa.

Ich habe es ja schon in vielen Newslettern erwähnt, dass unser Bonni schon ein richtiger Pferdeopa ist. Wenn er ein Mensch wäre, dann wäre er so etwa 87 Jahre alt. Letzte Woche war unser Pferdezahnarzt Niels da und hat seine Zähne behandelt. Das habt ihr ja letzte Woche gelesen. Er hat mir gesagt, dass Bonni keinen einzigen funktionierenden Zahn mehr hat, und wir Bonni deshalb noch mehr „Heusuppe“ geben müssen. Und seit letzten Sommer hat Bonni – vor allem, wenn es ganz heiß ist – dicke Beine. Wenn Menschen oder auch Pferde älter werden, dann arbeitet manchmal das Herz nicht mehr so gut. Dann kommt es oft dazu, dass sich in den Beinen Wasser ansammelt. Das tut nicht weh, aber man kann sich mit dicken Beinen viel schlechter bewegen. Menschen legen dann ihre Beine hoch. Das kann Bonni natürlich nicht. Es hilft auch oft, wenn man sich bewegt. So war es auch bei Bonni. Nach einer Reitstunde waren seine Beine immer wieder dünn.  

Seit 4 Tagen ist es aber jetzt so, dass seine Beine viel, viel dicker geworden sind und zwar bis oben hin. Ansonsten waren seine Beine immer nur unten an den Fesseln dick. Jetzt hat er dicke Beine bis oben und sogar Wasser im Bauch und an der Brust. Das tut ihm nicht weh, aber er kann sich nicht mehr gut bewegen. Vor 5 Tagen ist er noch auf die Weide galoppiert, sobald wir den Zaun geöffnet haben, hat gebockt und richtig Gas gegeben. Und wenn wir die Pferde nach drei Stunden von der Weide gerufen haben, dann war Bonni immer der erste, der im Galopp ankam. Jetzt geht er nur noch Schritt, und die ersten Meter geht er sehr mühsam Schritt. Wir gesagt, er hat keine Schmerzen. Aber ihr wisst: Pferde sind Fluchttiere. Das heißt, sie müssen immer bereit sein, schnell wegrennen zu können, falls Gefahr droht. Dieses „Schnell wegrennen“ ist ein Instinkt. Ein Pferd kann nicht denken: „Ach, hier gibt es keine Raubtiere. Hier bin ich total sicher.“ Ein Pferd ist und bleibt ein Fluchttier, auch wenn es in einem Stall oder in einem Offenstall lebt. Deshalb schläft es ja auch nur kurze Zeit im Liegen; erinnert euch an den Newsletter zu diesem Thema. Ein Pferd, das nicht mehr schnell wegrennen und flüchten kann, ein solches Pferd hat Stress. Das heißt, es fühlt sich nicht wohl. Ein solches Pferd weiß, dass es mit seiner Herde, also mit den anderen Tieren nicht Schritt halten kann und dass es deshalb schnell Beute eines Raubtieres wäre. Wenn die anderen Pferde galoppieren, kommt Bonni nicht mehr mit. Und das macht ihm Stress.  

Ich habe mit zwei Freunden von mir telefoniert, die beide Tierärzte sind. Beide haben mir geraten, Bonni einschläfern zu lassen, da es keine Chance gibt, dass sich sein Zustand wieder bessert. Bei einem jungen Pferde sähe das anders aus, aber nicht bei einem Pferd mit 27 Jahren. Bonni würde mit Sicherheit sehr schnell seine Chefposition verlieren (ihr wisst ja alle, dass Bonni der Chef von allen Pferden ist), und dann würden die anderen Pferde ihn überall wegschicken. So wie Bonni es jetzt macht. Bonni legt die Ohren an und Kasper, Jou, Bert, Balu und Amigo müssen ihm Platz machen. Wenn Bonni demnächst immer Platz machen müsste, wäre das sehr anstrengend für ihn. Denn jede Bewegung ist für ihn jetzt anstrengend und mühsam. Und das erhöht seinen Stress, sein Unwohlsein zusätzlich. Also haben mir beide Tierärzte geraten, Bonni einschläfern zu lassen. Der eine Tierarzt, Niels, hat mir versprochen, dass er Bonni einschläfert. Dafür bin ich Niels sehr dankbar. Ich kennen Niels schon sehr lange. Er behandelt unsere Pferde schon seit gefühlten 100 Jahren (in echt seit ca. 15 Jahren) Er geht immer ruhig, freundlich und geduldig mit den Pferden um, und Niels ist zudem auch ein guter Tierarzt mit viel Sachkenntnis. Außerdem kennen wir uns so gut, dass es mir vor ihm auch nicht peinlich ist, zu weinen. Denn Bonni einschläfern zu lassen, ist für uns alle sehr traurig. Für euch sicherlich auch, denn ihr habt Bonni ja auch ins Herz geschlossen. Auch wenn es die Traurigkeit nicht vertreibt, so möchte ich euch doch kurz beschreiben, wie Pferde eingeschläfert werden. Für mich ist es ein großer Trost zu wissen, dass Bonni dabei weder Schmerzen noch Stress haben wird. Bonni wird hier auf unserem Hof eingeschläfert. Er wird eine Narkosespritze bekommen, so wie bei der Zahnbehandlung auch.Während er die Spritze bekommt, darf er in eine Möhre beißen. Die Narkosespritze ist aber diesmal viel höher dosiert, also stärker als die Betäubung für die Zahnbehandlung. Er ist noch mehr betäubt als für eine Operation. Alle von euch, die schon einmal operiert wurden, wissen, dass man von der Operation selbst gar nichts mitbekommt und spürt. Bonni wird sich hinlegen und dann eine weitere Spritze bekommen. Diese Spritze bewirkt dann, dass sein Herz aufhört zu schlagen. Das geht sehr schnell, und Bonni spürt davon überhaupt nichts. Außerdem werden wir die gesamte Zeit in seiner Nähe sein, so dass er zu keiner Sekunde Angst haben muss. Sobald das Herz nicht mehr schlägt, ist Bonni tot. Das ist für uns sehr traurig, und wir werden weinen. Aber für Bonni ist es das Beste, denn für ihn wäre ein Weiterleben Stress und Mühe. Wir möchten ihm einen Abschied aus dem Leben ermöglichen, ohne dass er vorher leiden muss.  

Sich von einem Tier oder sogar von einem Menschen verabschieden zu müssen, ist sicherlich das Schwerste, was wir im Leben lernen müssen. Aber wir müssen es lernen. Denn eins ist sicher: Lebend kommt hier keiner raus. Das heißt: Alles, was geboren wird, wird auch sterben. Ihr seht das auch an den Blumen und Blättern. Sie leuchten im Moment wunderschön grün und bunt. Aber, das ist sicher: Sie verblühen auch wieder.Und das ist gut so. Denn nur so, können im Frühjahr wieder neue Blumen blühen und neue Blätter an die Bäume kommen.  

Heute habe ich auf einer Weide wunderschöne, total süße Fohlen gesehen. Ich war sofort schockverliebt. Und wisst ihr was: Deshalb müssen alte Pferde sterben, damit auf der Erde Platz ist für so süße Fohlen. Das ist erst einmal hart, und wir denken, dass es ungerecht ist. Aber es ist gut so, dass das Leben und der Tod zusammen gehören.  

Bonni ist ein ganz besonderes Pony. Lisa hat ihn zu ihrem 10. Geburtstag bekommen; da war Bonni 9 Jahre alt. Eigentlich heißt er „Newton“. So steht es in seinem Pass. Aber die Vorbesitzer haben ihn immer Bonni genannt und uns gefiel der Name auch gut. Bonnis Spezialität und Leidenschaft war das Springen. Immer wenn er Hindernisse gesehen hat, wollte er am liebsten los; so schnell wie möglich. Lisa und Anne haben auch einige Springturniere mit ihm gewonnen. Und was Bonni auch immer mochte: Schnell! Ich wage zu behaupten, dass Bonni eines der schnellsten Ponys war, die ich kenne. Er liebte es, mit Anne und Lisa zu galoppieren. Vor allem, wenn er auf einem Stoppelfeld einmal wirklich so schnell laufen durfte wie er wollte. Sein „Flach und weg“ (wie wir es genannt haben) ist legendär. Aber Bonni hat auch Pokale im Trailreiten gewonnen. Trailreiten ist eine Disziplin im Westernreiten. Dabei muss man sehr präzise reiten. Das Pferd darf zum Beispiel, wenn es rückwärts zwischen zwei Stangen hindurch geht, nicht die Stangen berühren. Das Pferd muss beim Trailreiten sehr mutig sein. Es muss sich zum Beispiel trauen, über eine Wippe zu gehen. Und Bonni ist sehr mutig. Vielleicht ist er auch deshalb Herdenchef. Bonni kann auch viele Zirkustricks. Er kann sich verbeugen, hinlegen, steigen und tanzen. Das hat er mit Anne und Lisa auf Auftritten in Shows gezeigt. Wir sind mit Bonni auch auf Wanderritte gegangen. Bei Wanderritten ist man mehrere Tage unterwegs, hat sein Gepäck hinten auf dem Sattel verschnallt, und man schläft in Pensionen, die auch eine Pferdeweide haben. Was Bonni auch besonders geliebt hat, sind Distanzritte. Ihr kennt sicher Marathonläufe, also Läufe, wo die Sportler 40 Kilometer und mehr laufen. Distanzritte sind Marathonläufe für Pferde. Bonni ist ein Pferd, dass sich gerne und gerne schnell bewegt hat. Deshalb sind wir es ihm auch schuldig, dass er sich nicht lange mühsam durch die Gegend schleppen muss. Bonni ist vor allem eins: Lieb! Er hat nie gebockt, ist nie gestiegen und hat nie in etwas anderes gebissen als in sein Futter. Mit euch Reitschülern ist er immer geduldig gewesen, hat sich mit Fingerfarbe bemalen lassen und mit euch „Bibi und Tina“ gespielt. Wenn Pferde in den Himmel kommen (was ich sehr hoffe), dann hat Bonni mit Sicherheit einen Ehrenplatz.

Dieser Newsletter ist ein trauriger Newsletter. Ich möchte ihn mit einem tröstlichen Gedanken schließen. Ich weiß genau, dass wir erst einmal sehr traurig sein werden. Aber ich weiß auch, dass nach dieser Traurigkeit eine andere Zeit kommt. Und zwar eine Zeit der Dankbarkeit, eine Zeit, in der wir uns dankbar und mit leuchtenden Augen von Bonni erzählen werden. Also weint ruhig und vertraut darauf, dass nach den Tränen irgendwann das Leuchten in eure Augen zurückkommt und ihr dann freudig davon erzählen könnt, wie ihr auf Bonni die ersten Reitversuche gestartet habt. Wann genau die Traurigkeit geht und die dankbaren Erinnerungen kommen, das ist bei jedem Menschen anders. Bei manchen geht es schnell, bei manchen dauert es länger. Aber seit sicher: Eure Augen werden bald wieder leuchten! Und ihr könnt ein wenig nachhelfen, indem ihr zu einer Weide fahrt, auf der kleine Fohlen herum springen. Da fahren Mama und Papa mit Sicherheit gerne mit euch hin.

Wir wünschen euch bei aller Traurigkeit trotzdem viele Anlässe zum Lachen, Augenleuchten, Rumalbern und zum Leben genießen. Man kann traurig und fröhlich zugleich sein, so wie das Leben auch traurig und wunderschön zugleich ist.  

Wir freuen uns darauf, euch wiederzusehen! Alles Gute: Petra und die anderen Forsthöfler